Hier ein Artikel über “TrendScouts” und “Trend Scouting” aus dem aktuellen jetzt Magazin der Süddeutschen Zeitung.
Mein Kollege Philippe wurde einige male zitiert…..
Gespür für Trends: Jugendliche Scouts suchen nach neuen Moden
Bitterschokolade und russische Muster haben das Zeug zum Trend, davon ist Friederike Martin überzeugt. Die 19-jährige Gymnasiastin aus Berlin weiß, welche Sonnenbrillen, welche Schuhe oder welche Clubs gerade angesagt sind und hat ein Gespür dafür, was in der kommenden Saison zum Hit werden könnte. Ihre gute Nase hat Friederike zum Nebenjob gemacht: Sie arbeitet als Trendscout für eine Kommunikationsagentur. An einen solchen Job zu kommen, ist allerdings nicht einfach.
Mehrmals im Monat trifft sich Friederike mit anderen Jugendlichen zum so genannten Teen-Beirat. “Wir diskutieren zwei Stunden lang über ein vorgegebenes Thema: welche Getränke wir gut finden, ob uns eine bestimmte Webseite anspricht oder welche Modetrends wir im Moment für wichtig halten”, sagt sie. Sechs Euro pro Stunde bekommt sie dafür.
Neben den zweiwöchentlich stattfindenden Themenrunden meldet die Schülerin ihrer Agentur gelegentlich von sich aus, wenn sie bei ihren Streifzügen durch die Stadt etwas Cooles entdeckt hat. “Es macht mir Spaß, meine Tipps an andere weiter zu geben”, sagt Friederike. Dazu zählt neben der Bitterschokolade auch ein knalliges russisches Halstuch. “Russische Muster sind im Kommen, das spüre ich.” Solche Hinweise erwartet PR-Beraterin Claudia Casamento von der Berliner Agentur Cobra Youth Communications von ihren Trendscouts.
Das Unternehmen berät andere Firmen, wenn es um die Frage geht, wie sie mit der jugendlichen Zielgruppe in Kontakt treten können: Kommt der Werbefilm für den neuen Fruchtsaft an? Welcher Name passt zu der Cartoon-Serie? “In unserem Teen-Beirat testen wir, ob Werbekampagnen ins Herz der Zielgruppe treffen.” Das nötige Insider-Wissen liefern etwa 120 Jugendliche zwischen 14 und 19 Jahren. Eine besondere Ausbildung brauchen sie dafür nicht. Aber für manche entwickelt sich daraus später ein Job in der Kommunikationsbranche.
Bewerben kann sich im Prinzip jeder, die Agentur klärt dann in einem persönlichen Gespräch, wer in Frage kommt und wer nicht. “Wir suchen Jugendliche, die aus der täglichen Informationsflut ihren eigenen Standpunkt herausbilden”, sagt Claudia Casamento. Gefragt ist nicht unbedingt der Coolste der ganzen Schule, sondern der Meinungsfreudigste. “Die Jugendlichen müssen ihre Meinung auch begründen und in der Gruppe gegen andere Standpunkte verteidigen können.”
Fruchtsäfte testen, Werbefilme gucken oder über die aktuelle Lieblingsplatte diskutieren – der Job als Trendscout bietet auch Einblicke in die Welt der Werbeindustrie. Doch es ist nicht einfach, Trendscout zu werden: Die Agenturen sind vorwiegend in den großen Städten ansässig. So gibt es in Hamburg das Trendbüro oder in München das Icon Kids & Youth, während Jugendliche vom Land das Nachsehen haben. Und häufig suchen die Agenturen ihre Informanten nicht etwa über Anzeigen, sondern sprechen sie gezielt an – auf der Straße oder im Club.
“Wir brauchen Leute, die Trends frühzeitig erkennen, genau beobachten und auf den Punkt bringen können”, sagt Philippe Souidi von der Trend-Agentur Cscout in München. Das Unternehmen arbeitet weltweit mit 25 festen Scouts und einer wechselnden Zahl freier Mitarbeiter zusammen. Diese müssen mindestens 18 Jahre alt sein und regelmäßig schriftliche Trendberichte auf Englisch liefern. Um Analysen darüber zu verfassen, warum in einer bestimmten Szene in Hamburg gerade rosa Sneakers angesagt sind oder welche Kamera bei Videobloggern beliebt ist, braucht man einen sicheren Schreibstil. Darum sind es oft gar nicht die Szene-Aktivisten selbst, die die Informationen liefern. “Die richtig Coolen haben für Trendforschung keine Zeit”, fasst Philippe Souidi das Widersprüchliche am Beruf zusammen.
Zu jedem Thema eine Meinung
Die 16 Jahre alte Carina Kipzenmaier hat es allen Schwierigkeiten zum Trotz geschafft, Trendscout zu werden. Seit März jobbt sie für den Teen-Beirat und hat schon an Gesprächen über Umweltschutz, Getränke und Sommermode teilgenommen. “Ich habe eigentlich zu jedem Thema eine Meinung”, sagt sie. “Es ist interessant zu erleben, wie Produkte entstehen und selbst ein bisschen Einfluss darauf zu nehmen.” Viel Geld verdienen lässt sich damit aber nicht: Ganztägige Kundenbefragungen mit bis zu 60 Euro Honorar finden nur selten statt.
Carinas Kollegin Friederike Martin hatte zumindest einmal größeres Glück: Vor vier Jahren wurde sie auf der Straße angesprochen und bewertete im Auftrag eines Turnschuh-Herstellers dessen neue Kollektion. In wenigen Stunden verdiente sie mehrere Hundert Euro. “Leider kann man sich für solche Aktionen nicht gezielt bewerben. Die richtig großen Firmen suchen sich ihre Leute selbst aus.”
Für die Gesprächsrunden wird die 19-jährige Friederike bald zu alt sein. Dem Dasein als Trendscout will sie trotzdem nicht den Rücken kehren: “Ich könnte mir gut vorstellen, nach dem Abitur mit Jugendlichen zusammen Produkte zu entwickeln”. Ihr Auge für Trends könnte sie als Mitarbeiterin einer Agentur auch weiter unter Beweis stellen – und selbst junge Leute auf der Straße ansprechen.
Autorin: Nina Apin/dpa; Foto: dpa
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